Bolivien La Paz

(Kommentare: 4)

La Paz

La Paz ist der höchst gelegenste Regierungssitz der Welt, und liegt zwischen 3200 und 4100 Höhenmetern, wobei das Zentrum auf ca. 3800 m liegt, was wir gleich merken als wir beim Busbahnhof, der übrigens von einem gewissen Herr Eiffel ( was man sofort an der Innenarchitektur bemerkt ) entworfen wurde, aussteigen und unsere Rucksäcke schultern.

 

Die Luft ist hier verdammt dünn und wir brauchen viele Pausen am Weg zu unserem Hostal. Wir haben uns im Internet das „Loki“ ausgesucht, das mit den besten Bewertungen. Am Weg dorthin rennen wir 3 x im Kreis und daran vorbei, wir sehen den Hauptplatz jetzt schon zum dritten Mal, bis wir dann doch den Eingang finden, der sehr versteckt und ganz klein ist. Das Hostal selbst ist ein Hammer, alle sprechen Englisch, wir haben Heizkörper, Wasserkocher mit Teebeutel und zwei Thermophor am Zimmer, überall im Hostal ist Tee gratis und von ganz oben, wo die Bar ist und die Party`s stattfinden ( wovon man aber fast nichts hört in unseren Zimmer ), hat man einen fantastischen Ausblick über die Stadt und das umliegende Gebirge.

 

Wir ruhen uns ein wenig von der anstrengenden Fahrt aus, wo wir nur wenig Schlaf gefunden haben und gehen am Abend in die Altstadt zum Essen, sehr gute Qualität zu sehr guten Preisen, gefällt uns auf Anhieb hier. Wir gehen aber zeitlich ins Bett, weil ich die Höhe ein wenig spüre, also rein ins Betti, Thermophor und ausruhen.

Am nächsten Morgen habe ich das Gefühl, als würde mein Schädl zerplatzen, der enorme Höhenunterschied zwischen Iguassu und hier macht mich kampfunfähig und ich nütze unser Zimmer voll aus.

Nach einem Tag und zwei höhenkranken, sehr unangenehmen Nächten bin ich wieder soweit fit, noch leicht benommen wie ein angeschlagener Boxer, aber bereit wieder zu Essen und die Stadt zu erkunden.

An einer der unzähligen Fressbuden ( einfache Stände tlw. mit Hockern und prov. Tischen) machen wir halt um uns zu stärken und machen wieder die Erfahrung, dass die Bolivianer ein äußerst netter und sympathischer Menschenschlag sind. Wir verstehen zwar kein spanisch und die Leute hier meistens kein Englisch aber viele  haben ein Handy und es wird  Google translatet was das Zeug hält. Sie sind auch sehr interessiert daran woher wir kommen, aber Austria kennt man hier nicht, und wir geben uns mit Australia zufrieden, macht nichts, wir essen frische, resche, knackige  Semmeln mit Faschiertem, oder Hühnerfleisch oder frisch geschnittenem Avocado Aufstrich mit verschiedenen würzigen Saucen und Gewürzen aus Mama`s Kräutergarten, und schlürfen dazu Koka Tee, einfach ein Traum!!

 

Wir erkunden die Stadt und ich habe eine Privatführung, denn Karin hat die Free Walking Tour ja alleine machen müssen, während meiner Zwangspause und so erfahre ich auch noch Alles über die Stadt, wie z.B. die Geschichte der Hüte die hier jede Frau trägt. Angeblich sind die Hüte einfach zu klein geliefert worden und dann wurde den Leuten die Geschichte als moderne Mode verkauft und angeblich auch so geschluckt, vielleicht eine Geschichte, vielleicht aber auch die Wahrheit?

 

 

Eines ist auf jeden Fall wahr, nämlich die Art und Weise wie eine Frau ihre „Charly Chaplin Melone “ trägt, verrät dir gleich ob sie verheiratet ist oder nicht, „Topf“ gerade aufgesetzt bedeutet verheiratet, also gerade Verhältnisse , „Topf“ schräg aufgesetzt bedeutet ledig, bei manchen wird der Hut seitlich anwachsen.

 

 

Der nächste Indikator für die Brautschau sind die Haare, je länger die Haarpracht, desto schöner das Mädchen, aber auch hier wird nachgeholfen und Wolle mit eingeknüpft zum verlängern, hilft aber auch bei manchen nichts mehr.

Eines ist aber sicher je mehr Unterröcke eine Frau trägt umso mehr Kinder hat Sie. Überhaupt ist die Kleidung der Frauen hier sehr bunt und fröhlich, schön für`s Auge.

Die Männerwelt macht sich`s wieder mal leicht, vollkommen egal wie der Sombrero sitzt, Bier schmeckt immer gleich gut!

Eine weitere Eigenheit die La Paz bietet sind die vielen Menschen die als mobile Telefonzellen funktionieren, zuerst vermutet man, dass sie dir ein Handy verkaufen wollen, aber in Wahrheit bieten sie dir nur ein billiges Telefon Gespräch an, sehr ungewöhnlich aber wahr.

Unser weiterer Weg führt uns über schöne Plätze, wo die Menschen einfach den Tag genießen, auf Parkbänken sitzen, Tauben füttern und dabei einschlafen.

 

 Lebt`s no ?

 Wir sehen die große Kathedrale, den Präsidentenpalast, das Präsidentengrab, das rund um die Uhr bewacht wird und viele  alte Gebäude im Kolonialstil mit Goldverzierungen,  die einiges  erzählen können, denn Bolivien hat eine sehr bewegte Geschichte.

 

Eine Besonderheit von La Paz, die es nur hier gibt, ist das Gefängnis „San Pedro“

Man muss sich dieses Gefängnis vorstellen wie eine kleine Stadt in der Stadt, mitten im Zentrum von La Paz.

 San Pedro ist ca. 300m lang und in etwa 500m breit, wurde für 300 Häftlinge gebaut und jetzt leben ca. 2000 Insassen dort, der Komplex wird komplett selbst verwaltet von einen immer wieder neu gewählten Verwalter ( demokratisch und transparent natürlich, mit Wahlbeisitzenden usw. ), es gibt verschiedene Viertel und verschiedene Preiskategorien der Unterkünfte, dementsprechend eng und teuer und begehrt ist „Wohnraum“ hier, ja man kann, nein muss sich hier eine „Bleibe“ kaufen , denn in den dunklen Ecken bei den unteren Schichten ( Crack Süchtige,.. ) überlebt man nicht sehr lange, und Geld regiert und zählt hier drinnen mehr als sonst wo auf der Welt.

 Die Frauen und Familien  dürfen bei den Häftlingen wohnen und können das Gefängnis jederzeit durch den Vordereingang verlassen und wieder betreten, zum Einkaufen usw. was natürlich Schmuggel und Drogenhandel in Reinkultur bedeutet.

Die Wächter am Haupteingang sind natürlich bestochen und ein Teil der korrupten Community, dementsprechend fallen auch die Leibesvisitationen der „Ein und Auscheckenden Gäste“ aus, und das Haupttor ist immer offen, mit einem Drehkreuz als Schleuse, wo daneben ein angewurzelter alter Jeep steht mit 4 Insassen, die das Gefängnis „bewachen“.

Dass ich ein Foto vom Eingangsportal mache, amüsiert den Herren im mobilen Office nicht besonders, aber er ist glücklicherweise zu faul um auszusteigen und über die Straße zu laufen, er gestikuliert nur wild und wir gehen in gebückter, untertäniger aber doch flotter Weise ein Stück weiter, um noch ein bisschen mehr Distanz zwischen uns und Ihm zu bringen. Ich spüre mein Talent für Kriegsreporter, aber  Frauli schimpft mit mir und vermutet die Höhenkrankheit hat sich bei mir auf die „Höhe“ geschlagen!

 Die Dame in blau wäre eine bessere Barriere als Stacheldraht, da „kraxelt“ keiner freiwillig drüber!

Innerhalb der Gefängnismauern gibt es einen Kindergarten, eine Kirche, Geschäfte, Bars, Restaurants, und eine eigene Kokainwerkstatt, die Wohlstand produziert.

Es gibt auch strenge Regeln, die eingehalten werden müssen, trotzdem ist die, sagen wir einmal „unnatürliche Sterberate“ doch recht hoch, die Herrschaften dürfen dann auch das Gefängnis durch die Vordertüre verlassen. Offizielle Zahlen gibt es natürlich keine aber man spricht von 2-3 Morden im Monat!

Wir haben keine Ahnung wie es drinnen wirklich zugeht und wollen es auch nicht wissen oder erleben müssen.

Den folgenden Beitrag über San Pedrohaben wir auf Youtube gefunden, wenn`s Euch interessiert:

 

https://youtu.be/7dhrQ6PCUPw

 

Bevor wir zurück in unsere „Zelle“ verschwinden, kehren wir noch einmal bei einer der Futterstraßen ein und gönnen uns zwei Teller deftige Suppe um 8 Bolivianos ( = € 1.- ) , um anschließend noch Koka Tee ( völlig harmlos und ohne Wirkung, außer vielleicht bei meiner Fotoeinlage von San Pedro, diagnostiziert mein Frauli ) in unserer Hostal Lobby zu schlürfen und mit den anderen Backpackern zu plaudern.

 Am nächsten Morgen hören wir urtümliche, einheimische Musikklänge von einem der umliegenden Hauptplätze und uns hält nichts, schnell dorthin.

Zwei wirklich authentisch echt wirkende und auch danach aussehende, traditionell gekleidete Indianer stehen vor einer Statue im Park und spielen mit professionellem Equipment gemischt mit authentischen althergebrachten Musikinstrumenten, die wahrscheinlich schönsten Panflötenmelodien, die wir je in unserem Leben gehört haben. Absolute Gänsehautstimmung. Kein Folklore Event mit genervten Akteuren, nein einfach Echt.

Wir und viele andere genießen und lauschen den Indios beim musizieren und können spüren, wie auch sie es genießen, unsere Aufmerksamkeit auf Ihrer Seite zu haben, ein Traum den wir hier erleben dürfen, und wir zeigen uns dafür auch erkenntlich.

Weiter unten findet Ihr eine Hörprobe!

 

 

Nach einiger Zeit geben die beiden ihrem begeisterten Publikum zu verstehen, dass sie jetzt Schluß machen müssen, weil nebenan schon ein Rednerpult aufgestellt wird und dort anscheinend irgendein Volksverdreher seine Brandrede halten möchte, aber wie das Leben so spielt sind mit den Indios auch gleich alle Zuschauer weg und der unsympathisch wirkende Herr in Anzug kann sich selbst zuhören, wie er seine Geschichten erzählt.

Auch unser vierbeiniger modisch gekleideter Freund in lässigem Jeans Outfit tritt mit uns anderen die Flucht an!

Den restlichen Tag verbringen wir in der Stadt, besuchen den größten Markt der Welt, er erstreckt sich über unzählige Straßenzüge und ist daher auch in Themen eingeteilt, sonst findet sich keiner zurecht, denn hier kriegst Du Alles was du brauchst und auch nicht brauchst. Es ist auch Sitte und Brauch sich für einen Stand zu entscheiden und dann immer dort zu kaufen. Da es wie eine Art emotionale Bindung ist zwischen Käufer und Verkäuferin wo man sich auch einmal aussprechen kann und die „Chaulita“ wie man hier die Marktfrauen nennt,  geduldig zuhört und sich Zeit nimmt für Ihren „Patienten“. Um Preise zu feilschen ist ein No Go, und auch absolut nicht nötig weil eh schon Alles sehr billig ist.

 

La Paz ist eine Großstadt mit vielen, vielen Bussen, LKW, Autos und Mopeds, alte gut bewährte Dodge, Ford und Chevi`s prägen das Straßenbild und machen es bunt und bringen die Menschen von A nach B, da La Paz sehr weitläufig ist. Leider verursachen die ungefilterten Abgase in der dünnen Höhenluft eine Art Smog, was die Lebensqualität beeinträchtigt.

Ein Müllproblem ist praktisch nicht vorhanden und man kann eigentlich Alles kaufen, selbst technisch hochmoderne Dinge werden hier angeboten, z.B. bei einer Niederlassung von ABB, mitten im Zentrum hier, mit perfekter englischsprachiger Beratung und absolutem Know How ( ich konnte nicht vorbeigehen ohne reinzuschauen). Wir können uns den technisch sehr hohen Standard nur mit der relativen Nähe zu den USA erklären, die hier vielleicht billig produzieren oder handeln können.

Es gibt auch eine hochmoderne Seilbahn ( wer hat´s gebaut, die Schweizer ), die den oberen Stadtteil mit dem unteren verbindet und mitten durch die Stadt führt.

Abschließend bleibt noch zu sagen, dass wir La Paz ( obwohl es auf unserer Liste ganz unten gestanden ist ), sehr genossen haben und uns immer sehr sicher gefühlt haben, praktisch nie angepöbelt wurden, sehr freundliche, offene und fleißige Menschen getroffen haben und eine gesunde Preispolitik für die hier lebenden Menschen vorfinden durften. Wir hatten zumindest das Gefühl, dass wenige Leute auf der Straße leben müssen, trotz auch hier garantiert fehlendem Sozialsystem.

Keine künstliche Überteuerung und keine großen touristischen Auswüchse, die es manchmal schwer machen, eine Großstadt zu mögen. Uns hat es hier sehr gut gefallen.

Danke Liebe La Pazos für Eure Gastfreundschaft und bleibt , wie ihr seid!

 

Indios in La Paz

Diashow La Paz

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Kommentar von Dieter |

Morgen !! wurde schon Zeit das ein Bericht kommt ! Hoffe es ist alles o.k bei euch . Wir fliegen morgen nach Preveca und übernehmen das Schiff werde mich dann melden !!
L.g. Dieter

Kommentar von Kay |

Moin Ihr Beiden
Tolle Erlebnisse und Berichte , seeehr witzig geschrieben

Kommentar von Stika Peter |

Hallo ihr 2. War sicher sehr interessant und erlebnisreich Euer ausgedehnter Landgang. War auch sicher teilweise sehr anstrengend, ich denke solche Erlebnisse bleiben einem lange im Gedächtnis.
Wünsche euch weiterhin alles Gute.
L.G. Peter

Kommentar von eler |

Hallo ihr Beiden!
Gott sei Dank habt ihr die Höhenkrankheit bald überwunden gehabt um so einen schönen tollen Kommentar zu schreiben.In Verbindung mit der Diashow haben wir immer ein Bischen das Gefühl mit euch gewesen zu sein.
Vielen Dank für die seeeehr gut und immer Einfühlsam und witzig gestalteten
Berichte und Filme.